Anders Denken
Im Herbst 2023 erhielt die Baukonstrukteurin Lien de Klein eine ungewöhnliche Anfrage: Ob sie ein Gästehaus für nachhaltige Farmen in Uganda entwerfen wolle? Über ihre Eltern kam Lien in Kontakt mit Mitgliedern der Lake Albert Foundation – einer Organisation, die sich für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Region nördlich des ugandischen Albertsees einsetzt und dabei mit Landwirten vor Ort zusammenarbeitet. Eine spannende Herausforderung für Lien und Quadrant4. Aber wie geht man so etwas an? Lien nimmt Sie mit auf „Entdeckungsreise“.
"Die Lake Albert Foundation wünschte sich einen nachhaltigen Prototyp für ihre Musterfarm, der auch für neue Projekte einfach zu reproduzieren sein sollte“, erinnert sich Lien an die Anfänge. „Ich habe mit einigen Entwurfsskizzen begonnen und bin im November 2023 nach Uganda gereist, um vor Ort zu recherchieren. Das war absolut notwendig, weil nahezu alles anders ist, als wir es in den Niederlanden gewohnt sind – von der Arbeitsweise über die Materialien bis hin zum Klima und der Umgebung.“
"Das Tal rund um die Musterfarm ist atemberaubend schön – unglaublich grün, mit vielen verschiedenen Bäumen und Pflanzen. Wir wollten daher den Innen- und Außenbereich optimal miteinander verbinden. Ein guter Ausgangspunkt. Allerdings mussten wir ebenfalls berücksichtigen, was in Uganda fernab städtischer Gebiete überhaupt realisierbar ist. Ich habe alles mit einem GPS-Gerät erfasst und ausführlich mit ugandischen Bauunternehmern gesprochen, um zu verstehen, wie dort normalerweise gebaut wird. Aus ästhetischen Gründen hatten wir uns vorab zum Beispiel für eine Veranda und viel Glas entschieden. Aber das ist in Uganda wegen der Hitze vor Ort unüblich. Dazu kam noch die Frage der Sicherheit: In ugandischen Häusern sind die meisten Fenster vergittert, um Einbrecher abzuschrecken. Auch das mussten wir berücksichtigen. Und zu guter Letzt wollte ich in meinem Entwurf auch noch lokal verfügbare Materialien wie Bambus verwenden. Wir ,Westler' finden das nachhaltig und attraktiv. Die Ugander dagegen fragen sich laut, warum man um Himmels willen nicht einfach Stahl verwendet.“
"Es geht also um die richtige Balance zwischen den eigenen Vorstellungen, dem Umsetzbaren vor Ort und weiteren wichtigen Faktoren. Eine echte Maßarbeit. Das Endergebnis? Ein kleines Betonhaus mit einem Schattendach aus Bambus darüber. Mit Stahlrahmen und kurzen Stützen, um zu verhindern, dass unbefugte Personen eindringen. Unten ist das Haus ‚massiv‘, um Wasser, Wärme und Wind draußen zu halten. Oben hingegen ist es leicht und natürlich. Der Wind weht zwischen den Dächern hindurch. So ist es kühler, während der Regen draußen bleibt.“
"Der Bauunternehmer erstellt auf Basis des Vorentwurfs ein Preisangebot und sucht geeignete Lieferanten. Danach prüft die Foundation die Finanzierbarkeit. Bei einem positiven Bescheid gehen wir an die Arbeit. Es ist schön zu sehen, dass der Bauunternehmer ebenfalls begeistert ist. Für ihn ist es zwar ein relativ kleines Projekt, aber dennoch eine gute Referenz. Auf seinen Wunsch habe ich das Projekt den Studierenden an seiner Bauakademie sowie anderen Interessierten im Büro präsentiert. Wenn alles wie geplant läuft, wird es wichtig sein, in Uganda eine gute Bauaufsicht zu haben – vor allem, weil viele Materialien lokal gefertigt werden und spezifische Arbeiten wie das Schweißen der Stahlrahmen ebenfalls vor Ort stattfinden. Glücklicherweise sind Repräsentanten der Lake Albert Foundation im Unternehmen anwesend. Ich selbst kann eventuell noch die vom Bauunternehmer bereitgestellten (Detail-)Zeichnungen überprüfen, aber damit endet leider meine Rolle.“
„Sowohl für Quadrant4 als auch für mich persönlich ist dieses Projekt eine echte Bereicherung. Man lernt so viel! Die wichtigste Lektion? Anders zu denken. Bei unserem Designmeeting haben wir das Uganda-Projekt besprochen und alle im Büro waren beeindruckt. Mein persönliches Ziel war es, etwas Superschönes und Gutes zu kreieren und das ist gelungen – trotz aller Hürden auf dem Weg zum Entwurf. Ich bin gespannt, wie das Gebäude am Ende tatsächlich aussehen wird.“